Vor Kurzem habe ich im Fernsehen einen Bericht gesehen, wie psychisch kranke Menschen aus einem Dorf verbannt werden, sie sind angekettet in einem Bretterverschlag untergebracht. Allein gelassen. Das passierte auf den Philipinen, die Dorfbewohner haben Angst vor dem Kranken, manche verbinden die psychische Erkrankung mit einem bösen Geist, der den Menschen im Griff hat. Sie schützen sich, indem sie den Kranken weit ab vom Dorf einsperren. Eine Frau hat sich um zwei dieser Gequälten bemüht, und sie mit Einverständnis der Angehörigen in einer Klinik untergebracht, wo sie der Menschenwürde entsprechend behandelt werden. Nun könnte man annehmen, so wie zuerst beschrieben, werden psychisch Kranke behandelt, deren Krankheit nicht richtig erkannt wird.
Leider ist die Behandlung der Patienten auf zwei geschlossenen Stationen einer Nervenklinik hier in Deutschland ähnlich unbarmherzig, und dass die Menschen schwer erkrankt sind, ist bei uns bekannt.
Gefesselt und oft den ganzen Tag alleine gelassen in einem Krankenzimmer – nicht weit weg, sondern hier bei uns in Deutschland. Würde man das im Fernsehen zeigen? Leider eher nicht.
Da werden kranke Menschen gequält.
Das wissen aber nur die selbst Betroffenen oder manchmal deren Angehörige. Viele schweigen aus Scham, und oft werden Beschwerden abgewiesen mit dem Hinweis, dass es sich um verwirrte Menschen handelt.
Dass es in der heutigen „modernen Psychiatrie“ so eine Behandlung gibt, ist unglaublich, aber wahr. ES FEHLT AN MENSCHLICHKEIT:
Selbst wenn diese Zustände nur in dieser einen Klinik herrschen, ist es ein Skandal – eine Schande, und ich versuche mit meinen Berichten alle darauf hinzuweisen, dass hilflose Menschen gequält werden, und ich bitte um Mitgefühl, denn diese Behandlung ist ein Verstoß gegen die Würde des Menschen.
Wenn Sie einen Angehörigen oder Freund auf dieser geschlossenen Station besuchen, und er ihnen über seine qualvolle Behandlung erzählt, glauben Sie ihm, auch wenn Sie denken, der Arme ist verwirrt.
Die Menschen sind krank, man müsste vorsichtiger mit ihnen umgehen. Nicht immer ist eine Fixierung notwendig, aber manchmal genügt es, wenn der Patient laut schreit.
Bei einem meiner Besuche in der Klinik hat eine junge Frau ganz laut geschrien, die Pfleger waren schon in Alarmbereitschaft, ich kannte die Patientin, und sagte ihr leise ins Ohr: „Sei bitte still, du erschreckst ja alle.“ Ich ging mit ihr in den Speiseraum, und sie erzählte mir von ihren Sorgen. Ich beruhigte sie, auch sie würde wieder gesund werden und könne so frei leben wie ich. Ich durfte sie besuchen, und es dauerte nicht allzu lang, bis sie entlassen wurde.
Bei einem Gespräch mit einem Oberarzt einer geschlossenen Station einer Nervenklinik fragte ich, weshalb der Patient, der fixiert wird, keine Beruhigungsspritze bekommt. Der Oberarzt antwortete, darauf verzichte man in der „modernen Psychiatrie“ zur „Schonung des Patienten“. Also wurde ich vor 40 Jahren nicht geschont, aber diese eine Spritze hat mich beruhigt, und ich musste nicht lange in der Fixierung bleiben.
Heute bleiben die Patienten oft sehr lange ans Bett gefesselt und nicht selten hört man ihre Schreie aus den Krankenzimmern.
Eine Patientin beschreibt eine ihrer Fixierungen so: „Ich hatte furchtbare Angst und dachte, ich muss sterben.“ „Kein Mensch kam an mein Bett, als ich rief, dass ich zur Toilette muss, und irgendwann habe ich ins Bett „gemacht“.”
Wenn das also als moderne Psychiatrie bezeichnet wird, wäre mir die „altmodische“ Behandlung lieber.
Man muss auch bedenken, dass mit der Medikamentengabe nicht gespart wird, und manche Patienten Medikamente in hoher Dosis einnehmen müssen. Und eine einzige Spritze zur Beruhigung ist zu viel?
Im Vergleich zu früher wird sehr oft fixiert, wo man es nicht unbedingt machen müsste, aber der Versuch, den Patienten anders zu beruhigen, fällt weg. Nur ein lauter Schrei kann zur Fixierung führen.
Ich weiß, dass es in einigen Situationen einfach nicht anders möglich ist den Patienten ruhig zu stellen, und dann muss es eben sein, dass er ans Bett gefesselt wird.
Aber von einer Schonung des Patienten kann man wirklich nicht reden. Eher von brutaler Gewalt und der Patient wehrt sich natürlich.
Doch am Ende liegt er gefesselt im Krankenbett, das in der Mitte eines Zimmers steht, und er kann nur schreien, wenn er was will oder zur Toilette muss, und das wird allzu oft vom Pflegepersonal überhört.
Es ist eine unmenschliche Art der „Pflege“, über die mir viele Patienten im Vertrauen berichten.
Manche Patienten schämen sich so sehr, dass sie ihren Angehörigen alles verschweigen. Wenn sie den Mut hätten, darüber zu sprechen, würden sich sicher mehrere Leute über diese qualvolle Behandlung beschweren.
Ich habe mich schon mehrmals schriftlich beschwert – auch mündlich bei Gesprächen mit Oberarzt und stellvertretender Pflegedienstleitung. Ich wurde um Verständnis gebeten.
Verständnis dafür, dass eben auf einer geschlossenen Station, besondere Umstände herrschen, schwierige Situationen, bei denen das Personal sehr unter Druck steht.
Aber Verständnis habe ich für die Patienten, die krank sind, und diese Behandlung ist menschenunwürdig!
Die Kranken sind hilflos, und nicht selten verweigern sie das Gespräch mit den Ärzten, denn sie haben das Vertrauen verloren, und das ist ganz normal.
Bevor meine Tochter dort in stationärer Behandlung war, hatte ich Respekt vor dem Pflegepersonal. Das hat sich geändert – nur wenige Krankenschwestern und Krankenpfleger machen ihre Arbeit so, dass man das eine menschenwürdige Pflege nennen kann.
Dass auf den Stationen so wenige Besucher kommen, hängt damit zusammen, dass viele Menschen Angst haben, es könnte etwas Unmögliches passieren, aber das ist eher selten.
Angst habe ich keine. Wenn mir auffällt, dass ein Patient gewalttätig werden könnte, verzichte ich erst mal auf ein Gespräch. Aber, wenn es ihm besser geht, bin ich gerne bereit, mich mit ihm zu unterhalten. Ich habe Respekt vor diesen kranken Menschen, und das zeige ich auch.
Beleidigt wurde ich auch, aber das verzeihe ich sofort, denn da spricht ein kranker, hilfloser Mensch, der später nicht mehr weiß, was er gesagt hat.
Das Pflegepersonal und die Ärzte und Doktoren können mich zwar “dumm” anreden, aber oft schon habe ich eine Antwort gegeben die “gesessen” hat. Man kann auch ganz anständig etwas sagen, was eigentlich schon ein wenig frech ist, aber ich rede leise, und lasse mich nicht einschüchtern.
Jetzt hat auch das Pflegepersonal erkannt, dass meine Besuche hilfreich sind. Ich bin eine Art „Sorgenmutter“ und bringe kleine Geschenke mit. Es gibt Patienten, die meine Gutmütigkeit ausnutzen möchten, wie vor kurzem eine Patientin, die sagte, sie hätte „Berge von Schmutzwäsche“, die ich für sie waschen könnte. Sie würde es auch bezahlen. Meine Antwort war kurz und bündig: „Nein“.
Diese Patientin ist seit Wochen ohne Geld und bestiehlt andere und findet, das sei nicht so schlimm. Da bin ich ganz anderer Meinung. Mit dieser Frau unterhalte ich mich meist nur ganz kurz.
Ich gehe weiterhin auf die beiden geschlossenen Stationen, um meine Hilfe anzubieten.