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Kritische Bemerkungen zu “Patientenberater” und “Integrierte Versorgung”

von Dr. Jürgen Thorwart
Es geht hier um die Tendenz der KK (Krankenkasse, EREPRO) mit PatientInnen Kontakt aufzunehmen, um sie so intensiv zu ‘betreuen’ – durch sogenannte Patientenberater. Das heißt, diese rufen an und fragen nach, was die Versicherten brauchen, ob die laufenden Maßnahmen (auch Psychotherapie) zufriedenstellend laufen bzw. ausreichend sind.
Abgesehen von der (mangelnden) Qualifikation der KK- (oder externen) MitarbeiterInnen geht es hier (soweit eine Psychotherapie bereits läuft) um einen höchst problematischen Eingriff in die therapeutische Arbeitsbeziehung.
Schon vor einiger Zeit ist mir in diesem Zusammenhang die Seite der AWOLYSIS (www.awolysis.de), Gesellschaft für innovatives Gesundheitsmanagement aufgefallen, hier findet sich auch der SeGel-Vertrag (siehe unten).
Die MitarbeiterInnen kümmern sich um Versicherte mit besonderer Problemlage (psychische Erkrankungen). Bei dem Programm SeGel (Netzwerk psychische Gesundheit/Seelische Gesundheit leben) handelt es sich um einen speziellen Vertrag (mit den KK) zur integrierten Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen (nach § 140 SGB V). Die Betreuung/Vernetzung erfolgt über die regionalen Koordinationsstellen (Vincentro). Dazu heißt es:
“Das vincentro ist als Koordinationsstelle für die in das Versorgungsnetz eingeschriebenen Patienten/-innen täglich 24 Stunden erreichbar. Zudem erhält jede/r Patient/in eine/n Fallmanager/in, der/die dauerhaft als feste/r Ansprechpartner/in für die Versicherten zur Verfügung steht.”
Die FallmanagerInnen (ein schrecklicher Begriff, aber genau darum geht es: Management) sind MitarbeiterInnen des Projekts. Deshalb erfolgt eine Einwilligung zur Übermittlung personenbezogener Daten an das SeGel und eine Einwilligung in den Informationsaustausch zwischen SeGel und TherapeutInnen im Krankenhaus (die Daten werden nicht an die KK weitergegeben).
Wer MitarbeiterIn im SeGel ist, weiß ich nicht (auf der Webseite werden sozialpsychiatrische Fachkräfte:  Dipl.-SozialpädagogenInnen, FachkrankenpflegerInnen der Psychiatrie und Dipl.-PsychologenInnen gesucht). Zufälligerweise habe ich erfahren, daß auch Ex-In-BeraterInnen (Psychiatrieerfahrene mit einer ‘Ausbildung’ zur Beratung anderer Betroffener) dort tätig sind – ich werde eine solche Mitarbeiterin, die ich kenne, gelegentlich kontaktieren.
Ich halte das Projekt aus verschiedener Sicht für problematisch.
Nur soviel: Wir haben Sozialpsychiatrische Dienste (in Bayern, EREPRO), die bislang von den KK nur minimal (mit-)finanziert werden, aber genau das Aufgabenspektrum abbilden und das entsprechende Personal vorhalten.
Bei der Vernetzung werden ‘ÄrztInnen’ genannt, nicht aber (ärztliche/nicht-ärztliche) PsychotherapeutInnen.

Das Recht der Rechtlosen

Mit diesem Bericht möchte ich eneut darauf hinweisen, dass das Pflegepersonal der Klinik, in der meine Tochte fast ein Jahr stationär untergebracht war, gegen das Recht handelt.

Ich halte mich an einen Beschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 03.03.2006.

So scheibt ein Richter:
„DIE ZEITWEISE oder REGELMÄSSIGE FREIHEITSENTZIEHUNG DER BETROFFENEN DURCH

–         Baugurt im Bett

–         Fixierung der Extremitäten

wird bis zum 30.03.2006 genehmigt, wobei sich der Durchführende vor und während der Maßnahme jeweils von der Unbedenklichkeit überzeugen muss, sich die Beschränkung immer nur auf das unbedingt erforderliche Maß ertrecken darf, eine schriftliche Aufzeichnung über Art und Dauer zu erstellen ist, und das Personal für die Betroffene stets erreichbar sein muss.
Die sofortige Wirksamkeit wird angeordnet.“

So schreibt der Richter. – Schön wär’s! sag ich.

Dazu kann ich ehrlich nur sagen, die Durchführenden hielten sich in keinem Punkt an die Anordnung, und das habe ich diesem Richter in einem umfangreichen Bericht geschrieben, also die ganze Wahrheit.

So kann er durch mich erfahren, was die Durchführenden mit den Betroffenen anstellen. Vielleicht kann ich den Patienten helfen, dass sie in der Fixierung nicht noch misshandelt werden. Das ist mein Ziel.

August 2012             Angelika Kurella.                                

Wie man Patienten ganz bewusst täuscht: Das müsste man ändern! von Angelika Kurella

Zum Wohle des Patienten? Darf man so handeln? In diesem  Bericht beschreibe ich die Vorgehensweise einer Klinik in Bezug auf die Entlassung eines Patienten, der unter gesetzlicher Betreuung steht, egal ob er per Gerichtsbeschluß oder auf freiwilliger Basis in Behandlung auf einer geschlossenen Station „verwahrt“ wird.

So habe ich schon einige Male hautnah miterlebt, wie die Patienten belastet werden – und wenn ein Patient sich dann nicht beherrschen kann, wird er erneut festgesetzt. Für mich ist das eine ganz gemeine Art und Weise, und der Leidtragende ist der Patient.

Zum Beispiel eine Frau, die bereits ein Jahr nur auf der Geschlossenen untergebracht ist. Ihr wird mitgeteilt, vom Arzt, dass sie am ….2011 entlassen wird. Ihre Freude ist groß, der Tag kommt, und die Patientin hat ihre Reisetasche gepackt. Auch ich sitze wie die Patientin im Raucherraum und freue mich, dass Frau …. Heute endlich wieder in ihre Wohnung darf und die lang ersehnte Freiheit hat. Ein Arzt kommt in den Raucherraum zu Frau … und sagt: „Eben habe ich mit ihrer gesetzlichen Betreuerin am Telefon gesprochen und sie erlaubt es nicht, dass sie, Frau … heute entlassen werden.“ Ich war wie „vom Donner gerührt“. Der Arzt wandte sich ab. Bevor er jedoch die Türe zum Hinausgehen öffnete, fing die Patientin an zu schreien, und zwar so laut, dass ich mir die Ohren zuhalten mußte.

Es kam ein Schwall von ordinärsten Ausdrücken, die ich nicht wiederholen möchte, und alle galten der gesetzlichen Betreuerin. Das Schreien hörte man bis in das letzte Zimmer der Station, und es war zwecklos, die Patientin zu beruhigen. Sie rannte durch die Gänge.

Wie kann man so ohne Rücksicht auf die Patientin vorgehen? Ich war sprachlos und sehr erschrocken.

Vor kurzem hatte ich ein Telefonat mit einer Richterin und einem Verfahrenspfleger. Beide wußten sehr gut, wie die Ärzte handeln, und beide sind wie ich der Meinung, dass es doch ganz anders sein könnte. Nämlich, dass man zuerst die Betreuung informiert und wenn ein – NEIN – käme, ganz einfach der Patientin gar nichts sagt. Frau … könnte frei sein! Ganz klar, dass ein Patient nicht einfach seine Reisetasche wieder ausräumt, denn das wäre eben nicht normal. Frau … war stabil. Jetzt hat sie keine Ziele mehr. Nach einem Jahr Aufenthalt wurde die genannte Frau ganz einfach in eine Einrichtung für psychisch Kranke überwiesen, da soll sie nun bleiben bis zu ihrem Ableben. Ihre Wohnung wurde durch die Betreuerin gekündigt. Die Patientin ist knapp 60 Jahre alt. Die Frau weinte schrecklich und sagte: „Augsburg ist meine Heimat, ich bin doch nicht so krank, dass ich in eine „Dauereinrichtung“ muß!“ Suizidgefahr??? Leider ist diese Patientin jetzt erneut auf der geschlossenen Station verwahrt. Nun hat sie auch ihren Lebensmut verloren. Ihr kann ich jetzt auch nicht mehr helfen. Jetzt zeigt sie das Krankheitsbild, dass die „neue“ Unterbringung erforderlich macht. TRAURIG! Sie will nicht mehr leben!!! Ihr Sohn lebt in den USA, sie bleibt in einem Altenheim auf dem Land.

Fixierung – diese Behandlung würde man keinem Tier zumuten

Heute erhielten wir von der Saarbrücker Anlaufstelle für Selbstbestimmt Leben (ASL)
in einer Mail (asl-sb@gmx.de) diese Information:

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leute,

ein bei einem Zimmerbrand in der psychiatrischen Bezirksklinik Mainkofen gestorbener Patient ist an seinem Bett fixiert gewesen und konnte sich nicht aus eigener Kraft retten. Der Bayerische Landesverband Psychiatrie-Erfahrener fordert, dass Fixierungen von Patienten nur noch in Kombination mit einer Sitzwache vorgenommen werden sollten. Zudem müssten Zwangsbehandlungen in Psychiatrien eingestellt und Patienten auf anderem Wege beruhigt werden, meldet der Münchner Merkur am 4.07.: http://www.merkur-online.de/nachrichten/bayern-lby/grausam-patient-stirbt-feuer-bezirksklinikum-fixiert-2377739.html Die vollständige Pressemiteilung des Bayerischen Landesverbands Psychiatrie-Erfahrener vom 2.07. findet sich an dieser Stelle: http://www.psychiatrie-erfahrene-bayern.de/info.html

Wir schließen uns – ohne Wenn und Aber der Forderung an, dass

Fixierungen von Psychiatriepatienten, die schon in vielen Fällen (wie vielen?) tödlich verliefen, verboten werden müssen.

Im Juli 2012 wurde uns per Post folgender Bericht zum Thema “Fixierung in Psychiatrischen Kliniken” zugeschickt. Die Autorin ist uns seit Jahren bekannt und vertrauenswürdig.

Seit 13 Jahren kämpfe ich für Patienten, die leiden – unter ihrer Behandlung.
Gibt es das Recht Kranke zu quälen?

„Angelika, schreib das auf!“
„Ja, meine gute Freundin, das mache ich gleich morgen, denn dieser Aufforderung komme ich gerne nach!“
Gestern habe ich meine Freundin besucht.
Leider ist sie Patientin auf einer geschlossenen Station eines psychiatrischen Krankenhauses.
Den Weg dorthin finde ich im Schlaf, denn seit einem Jahr habe ich meine Tochter dort besucht. Ariane war auf der Station C1, meine Freundin ist eine Etage höher auf der Station C2 untergebracht.
Das Leid meiner Tochter war sehr groß, aber meine Freundin leidet noch mehr, denn sie hat Krebs und jetzt auch noch eine Psychose. So werden meine Besuche zu einer „unendlichen Geschichte“. Ein Horrorfilm.
Aber das ist kein Märchen, alles ist wahr und diese Wahrheit ist so brutal, dass viele Leser denken werden, das gibt’s doch gar nicht.

Leider – doch! Meine Freundin sagte: „Angelika, schreib.“ Sie weiß warum, denn sie hat erkannt, dass ich genau das schreibe, was wahr ist, in einer Form, die haargenau das wiedergibt, was man in dieser Klinik als „Behandlung“ bezeichnet.

Diese „Behandlung“ verstößt gegen die Menschenwürde, aber das ist erlaubt!???

Meine Freundin leidet außer an ihrer Krebserkrankung und ihrer Psychose noch an einer Behandlung, die man keinem Tier zumuten würde: sie wird „fixiert“, also am Bett festgebunden. Mit Arm- und Beingurten und mit Bauchgurt – täglich!
Schlimm genug, aber auch sie muss einnässen, und sie erzählte mir gestern, dass sie auch das „große Geschäft“ ins Bett verrichten MUSSTE!!!???

Sie ist ungefähr in meinem Alter, also um die 50 Jahre alt. Sie wurde in ihrem Leben nicht verwöhnt. Sie hat ihren Sohn alleine groß gezogen. Er ist ungefähr so alt wie meine Ariane, also um die 30 Jahre alt. Er muss jetzt mit ansehen, wie seine Mama gequält wird. Auch ich bin vorerst gezwungen zu zu schauen, aber ich schreibe meine Berichte, die der Wahrheit entsprechen.

Und ich erzähle über diese „Mißstände“ allen Menschen, die es hören oder lesen wollen. Allzu oft habe ich schon Sätze gehört, wie „Das ist mir nicht wichtig, denn ich bin psychisch gesund.“
Nur – irgendwann hat diesen Menschen das Leben gezeigt, dass meine Berichte genau für sie wichtig geworden sind, weil sie leider selbst psychisch krank geworden sind.
So geht mein „KAMPF“ nahtlos weiter. Ich kämpfe für die RECHTE DER PATIENTEN, die sehr krank sind und rechtlos. Aber sie sollen in einem Rahmen behandelt werden, der menschenwürdig ist.

Kein Arzt, Oberarzt oder Professor wird mir noch einmal sagen: “Die FIXIERUNG der Patienten geschieht zur Schonung des Patienten!”  Meine Antwort wird dann nicht schonend sein: „Diese Behandlung ist EINE STRAFTATund gehört angezeigt.”

Ist diese Behandlung NORMAL?

Folgender Erfahrungsbericht wurde EREPRO vor einigen Tagen zugeschickt. Die Zeitangabe “vergangener Sonntag” kann nicht auf das Datum dieser Veröffentlichung bezogen werden.

 

Ist diese Behandlung NORMAL?

Gewiss nicht: „Man könnte wahnsinnig werden!“

Folgend beschriebener Vorfall ereignete sich nicht vor 50 Jahren, sondern am vergangenen Sonntag, auf der geschlossenen Station des Bezirkskrankenhauses, in dem meine Tochter zur Zeit stationär untergebracht ist.

Meine Tochter darf für einige Stunden mit meinem Mann und mir zum Ausgang. Wir standen bereits vor der Tür und warteten auf eine Schwester, die noch mal überprüfen wollte, ob der Ausgang gewährt ist. Die Türe ging auf und es wurde ein „NEUZUGANG“ auf die Station gebracht. Auch ein Polizeibeamter kam hinterher. Das ist eigentlich kein Einzelfall. Die Patientin schrie um Hilfe. Aber jetzt kommt es ganz hart: Einige Pfleger und Schwestern standen um die Patientin, die sich wehrte, so setzte sich der Polizeibeamte mit den Knien auf den Oberkörper der Frau, die immer noch lauter schrie: „Sie tun mir weh! Tun Sie mir bitte nicht so weh! Lieber Gott – Hilfe!“ Es kam auch noch eine Ärztin dazu. Und nun kommt das Unglaubliche, das Pflegepersonal und auch die Ärztin – lachten! Auch einige Patienten, die ja das Ganze beobachten konnten, lachten. Worüber? Ist das lustig? Also – ich musste mich erstmal hinsetzen und jetzt überlege ich ganz im Ernst, ob nicht alle Beteiligten dieser „Vorstellung“ VERRÜCKT sind. Denn das ist doch keine normale Behandlung, die ein Patient ertragen muß. Schlimm genug, wenn man ans Bett fixiert werden muss, aber die Art und Weise ist doch abscheulich und verstößt gegen die Würde des Menschen. – Und dafür gibt`s noch eine Bezahlung! – Wie kann man das auch noch den anderen Patienten zumuten, die ja auch zusehen.

Eine junge Frau weinte und sagte: “Das kann ich nicht mehr aushalten, ich will raus.“ Ich habe sie getröstet so gut es möglich war. Leider musste ich schon allzu viele Misshandlungen von Patienten miterleben, aber dieser Vorfall berührt meine Seele, obwohl diese Patientin für mich eine Fremde ist. Mit all meiner Kraft kämpfe ich für diese kranken Menschen. Jeder Mensch hat das Recht auf eine menschenwürdige Behandlung. Das gehört in die Öffentlichkeit und auch angezeigt. Ganz dringend! Ich erzähle auch vielen Bekannten von solchen Vorfällen und oft schon kam die Antwort: „Das gibt`s doch nicht!“ Und da spricht ein Arzt von der Schonung des Patienten, indem man ihm anstatt einer Beruhigungsspritze eine solche Behandlung zukommen lässt. Das ist doch der größte Irrsinn, den ich mir vorstellen kann und zu gerne würde ich manche Pfleger oder Ärzte nur einen Tag und eine Nacht auf diese Weise „schonen“. Natürlich würde ich sie auch zwingen, ihre Notdurft im Bett zu verrichten. Nicht weil ich abartig veranlagt bin, sondern weil ich ihnen zeigen möchte, wie sich ein Mensch fühlt. Hilflos, krank, in Angst ausgeliefert und zutiefst gedemütigt.

DAS IST EINE SCHANDE!

NORMAL? – NEIN!

„Das ist der Wahnsinn!”

Zwangseinweisungen Psychiatrie

Liebe KollegInnen,

nachfolgend ein Beitrag aus der Ärzte Zeitung, 09.05.2012 (www.aerztezeitung.de) zu den (zunehmenden) Zahlen von Zwangseinweisungen.

Mit herzlichen Grüßen und Wünschen für einen Schönen Feier-/Vatertag

Jürgen Thorwart

Mehr Zwangseinweisungen: Was steckt dahinter?

In vielen Ländern haben unfreiwillige Unterbringungen in psychiatrischen Kliniken zugenommen. Die Unterschiede in Europa sind aber beträchtlich.

PRAG (eb). Die Pharmakotherapie hat sich verbessert, die Zahl niedergelassener Psychiater zugenommen. Trotzdem ist in einigen europäischen Ländern die Rate unfreiwilliger Einweisungen in psychiatrische Krankenhäuser gestiegen – allerdings in unterschiedlichem Ausmaß.

Dazu kontrastiert ein Rückgang in anderen Ländern, berichtete Professor Cornelis L. Mulder aus Rotterdam auf dem EPA-Kongress in Prag (Der Neurologe und Psychiater 2012; 13 (4): 16-20).

So stieg in Deutschland zwischen 1990 und 2002 die Rate unfreiwilliger Einweisungen um 67 Prozent von 114,4 auf 190,5 (jeweils bezogen auf 100.000), in England um 24 Prozent von 40,5 auf 50,3, in den Niederlanden um 16 Prozent von 16,4 auf 19,1.

Ein Rückgang der Zwangseinweisungen sei zu beobachten in Italien – um 12 Prozent von 20,5 auf 18,1 – sowie in Schweden, um 17 Prozent von 39,4 auf 32,4. Die niedrigsten Raten in Europa hat Portugal mit 6 auf 100.000, die höchsten Finnland mit 218 auf 100.000.

Die enormen Unterschiede sind nach Angaben von Mulder auf die unterschiedlichen Gesetze zurückzuführen. In Portugal entscheiden ein Richter und ein Vormund über die unfreiwillige Einweisung eines psychisch Kranken.

Krisenintervention und Karten

In Finnland dagegen entscheidet ein einzelner Arzt, der keine psychiatrische Expertise haben müsse, sondern auch Allgemeinmediziner sein könne. Daher sei die Schwelle für eine Zwangseinweisung in Finnland besonders niedrig, so Mulder.

Ein weiterer Grund für hohe Raten unfreiwillig untergebrachter Patienten sei der Bettenabbau in psychiatrischen Kliniken. Er verläuft meist parallel zum Anstieg der Zwangseinweisungen.

So sank in England die Bettenzahl zwischen 1990 und 2002 um 52 Prozent, in den Niederlanden um 15 Prozent und in Deutschland um 10 Prozent, während sie in Italien um 18 Prozent stieg. Wenn die Einweisungen weiter zunehmen, müsse über einen Bettenausbau nachgedacht werden.

Zur Prävention eigneten sich die Förderung der Compliance, wohnortnahe, ambulante Krisenintervention und “Krisenkarten”.

Darauf sind die Anzeichen einer Krise und Gegenmaßnahmen notiert. Sie werden an den Patienten, seine Angehörigen und das soziale Umfeld verteilt

Psychopharmaka und Rückfall: Metaanalyse (The Lancet online: 3 May 2012)

Wie immer man zur Medikamenteneinnahme in der Psychiatrie steht, wie sehr man den Sinn so einer Zusammenschau völlig unterschiedlicher statistischer Studien in Frage stellen mag und entsprechend die Ergebnisse für nicht aussagekräftig hält – eine Mail von Dr. Jürgen Thorwart, Psychoanalytiker, könnte der Startschuss für eine Diskussion über die Medikamenteneinnahme in der Psychiatrie und Psychotherapie sein.
Er schreibt:

Hier ein Bericht über eine Metastudie zum Einsatz von Psychopharmaka bei Schizophrenie.
Sie bestätigt, daß Antipsychotika die Rückfallhäufigkeit (im Vergleich mit der Placebo-Gabe) deutlich vermindert. Daß die Rückfallhäufigkeit bei Gesprächstherapie (was immer das sein mag) ohne Medikamente höher ist, als bei der Gabe von Medikamenten ist nicht unbedingt überraschend – schon weil eine Psychotherapie bei Psychosen in der Regel über mehrere Jahre läuft bevor sich Veränderungen (nicht nur in der Symptomatik, sondern auch im Erleben, Verhalten und der psychischen Struktur und Stabilität) zeigen.
Bekannt ist aber schon lange, daß in aller Regel (natürlich nur mit Aufklärung und Einverständnis der Betroffenen) eine Kombination aus Psychotherapie und Medikamenten die größten Aussichten auf Erfolg haben – so steht es auch in den Leitlinien.
Daß analytische Psychotherapie dort keine Rolle spielt, hat etwas mit der (traditionellen) Ablehnung dieses Verfahrens in (weiten Kreisen) der Psychiatrie zu tun, aber auch damit, daß es tatsächlich wenige Studien dazu gibt. Diese werden nämlich im Unterschied zu pharmazeutischen Studien von Niemandem bezahlt und sind, da sie einen extrem hohen Aufwand erfordern (Durchführung und Studiendauer), besonders teuer. Der Nachweis von Psychotherapie (das gilt für alle zugelassenen Richtlinienverfahren der GKV) ist erheblich schwieriger und völlig unterfinanziert.

Quelle: UNIVADIS:http://www.univadis.de/medical_and_more/KurzmeldungenMedizin_Detail?link=/DE/apa/Schizophrenie-mit-Medikamenten-behandeln/%28language%29/ger-DE&id=589833


In einem “Kommentar” zu diesem Text weisen wir von EREPRO mit einigen Links auf die Warnungen vor Neuroleptika-Einnahme von Volkmar Aldehold Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychotherapeutische Medizin im Institut für Sozialpsychiatrie der Uni Greifswald hin, deren Kenntnis wegen ihrer Brisanz bei keiner Diskussion über Psychopharmaka fehlen sollte.

Aktion zur Finanzierung von Gruppen in der Sozialpsychiatrie (beendet)

Wir stellen die Diskussion über die Finanzierung von Gruppen in der Psychiatrie unter das Motto – formuliert von Vaclav Havel:
    „Hoffnung ist eben nicht Optimismus, ist nicht Überzeugung, dass etwas gut ausgeht,
    sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat – ohne Rücksicht darauf, wie es ausgeht.”

Worum geht es?
Es gibt im Bundesland Bayern verschiedene Formen zur Finanzierung von Gruppen in der Psychiatrie.

Hier werden kurz die Vorteile der Gruppen skizziert, die bisher als „Kurse für psychisch Kranke“ von der bayerischen Landesregierung finanziert wurden, und die sich als ein hervorragendes Instrument der Prävention  in der ambulanten Psychiatrie bewährt haben als klassisch sozialpsychiatrisches Angebot.
Die Anbindung dieser Gruppen (Kontakt- und Hobbygruppen) mit Laien als Kontaktpersonen an die Sozialpsychiatrischen Dienste, PSBs etc. ermöglicht es, sich anbahnende Krisen rechtzeitig zu erkennen und kann kostspielige Klinikaufenthalte ersparen.
Wenn die Anonymität der Teilnehmer gewahrt bleibt, der Zugang niederschwellig und nicht an Regelmäßigkeit gebunden ist, erhalten die Gruppen den Charakter normaler sozialer Bezugsgruppen.
Und so sollte es sein. Wir haben damit sehr gute Erfahrungen.
Die Gruppenmitglieder kommen aus der Isolation heraus, finden Freunde und erleben sich weniger als Patienten. Das ermöglicht Eigenverantwortlichkeit und fördert Inklusion, Integration und Normalisierung gerade derjenigen, die (im Prinzip aus gutem Grund) wenig Interesse an der Psychiatrie haben, wie die, die erst im Alter psychische Probleme bekommen und langjährig psychiatrisierte Menschen.
Selbstverständlich tragen diese „Kurse“ nicht unerheblich zur Kostenersparnis in der Sozialpsychiatrie bei, auch indem sie die Konzentration der Fachmitarbeiter auf ihre eigentliche, professionelle Beratungsarbeit ermöglichen.

Für die Betroffenen gibt es keine Alternative zur Teilnahme an solchen Gruppen, ihr Wegfall bedeutet eine Verringerung von Lebensqualität und psychischer Stabilität.

Unter Aufruf zur Finanzierung von Gruppen in der Psychiatrie haben Sie Gelegenheit sich über unsere Aktion zur Finanzierung von Gruppen und die Antworten der Präsidenten der Bayerischen Bezirke auf unsere Aktion im Detail zu informieren.

Die Quintessenz der Reaktionen auf unseren Aufruf:
Alle finden Gruppen für Menschen mit psychischen Problemen wichtig, aber keiner will die “Kurse für psychisch Kranke” weiterfinanzieren. Das unwürdige Hickhack zwischen der Bayerischen Regierung und den Bayerischen Bezirken birgt das Risiko, dass niemand zahlt. Das kann man tatsächlich als einen “politischen Skandal” bezeichnen.

Schreiben Sie uns Ihre Meinung. Sie können sich direkt hier unten äußern.

Sozialpsychiatrisches Zentrum Oberallgäu

Sonthofener Str. 17, 8709  Immenstadt

Über diese Einrichtung gibt es zwei Erfahrungsberichte

1. Bericht                                                                                                                                                 Information von 2009/2010       

Hilfesuchende, anonym, geb. 1955, schreibt am 24.4.2010 

Probleme: Ich konnte nicht verhindern, dass meine Mutti elendiglich verreckt ist. Habe Schulden von 11 Mill. DM. 19 Millionen wegen Arbeitssuche.
Es ging um Arbeitssuche, Handwerkerterror, Partnerschaftsprobleme.

Passende Hilfsangebote: Gespräche beim Dipl.-Psychologen und Sozialarbeiter, Mittagstisch. ______________________
Hilfesuchende wurden in dieser Einrichtung ernst genommen.

Es wurden keine Zwangsmaßnahmen angewendet.

Der Wille der Hilfesuchenden wurde respektiert.

In Ausnahmezuständen und in Krisen wurde man nicht gedemütigt.

Das Personal unterstützte Hilfesuchende bei der Durchsetzung von Interessen und Rechten. Hilfesuchende konnten sich vor zu hohen Anforderungen aus der Umgebung schützen.

Man nahm sich genügend Zeit für Hilfesuchende.

Man ging konkret und flexibel auf Probleme ein. Die Räumlichkeiten waren in Ordnung.

Man interessierte sich auch für das körperliche Wohlergehen der Hilfesuchenden.

Angehörige wurden nicht wichtiger genommen als Hilfesuchende. Angehörige wurden angehört. Hilfesuchende hatten am Ende des Aufenthaltes keine großen Schwierigkeiten allein zurecht zu kommen. 
Besonders geholfen haben Gespräche.

Besonders gut fand ich den Mittagstisch.

Besonders schlecht fand ich Streit untereinander.

 

2. Bericht

Information von 2010

Hilfesuchende, anonym, geb. 1963, schreibt am 24.4.2010
Probleme:
sexueller Missbrauch 1. als Kind von Mutter und Uroma, 2. Pflegefamilien und Heime. 3.Depression 
Passende Hilfsangebote: Geschützter Bereich, Tagesstätte, Arbeitsangebote Dazuverdienst Hartz IV, sehr gut vernetzt bei Fachfragen jeder Art.                                                           __________________________

Hilfesuchende wurden in dieser Einrichtung ernst genommen. Ihr Wille wurde respektiert.

In Ausnahmezuständen und in Krisen wurde man nicht gedemütigt.

Es wurden bei der Hilfesuchenden keine Zwangsmaßnahmen angewendet.

Das Personal unterstützte Hilfesuchende bei der Durchsetzung von Interessen und Rechten.

Sie konnten sich vor zu hohen Anforderungen aus der Umgebung schützen.

Man nahm sich genügend Zeit für Hilfesuchende.

Man ging konkret und flexibel auf Probleme ein. Die Räumlichkeiten waren sehr gut.

Man interessiert sich auch für das körperliche Wohlergehen der Hilfesuchenden.

Angehörige wurden nicht wichtiger genommen als Hilfesuchende.

Besonders geholfen hat: Austausch mit Anderen, geschützter Bereich, sehr gutes Personal vom Essen bis zu Einzelfragen.

Besonders gut fand ich: Pragmatisches Handeln, Menschlichkeit, Fachkenntnis, eigenverantwortliches Handeln, sehr gutes Personal, Dazuverdienstmöglichkeit zu Hartz IV, und Schutz vor Ämtern und Willkür.   

Besonders schlecht: nichts                                                                                          

Interdisziplinäres Schmerzzentrum der Fachklinik Enzensberg

Höhenstraße 56, 87629 Hopfen am See / Füssen, Tel. 0 83 62-12-0, Fax 0 83 62-12-30 30, info@fachklinik-enzensberg.de
Information von 2003, 2004, 2005

Hilfesuchender, anonym, geb. 1953, schreibt am 24.4.2010
Probleme:
Meine “Ansammlung” von konkreten Schmerzstellen : im linken Sprunggelenk zwei nicht richtig zusammengewachsene Sehnen nach Ruptur, in beiden Kniegelenken Totalendoprothesen, im linken Schulterbereich totaler Abriss der Rotatorenmanschette und am schlimmsten : morbus baastrup = Lendenwirbelsäulensydrom. Daraus entwickelten sich tiefe Depression bis hin zu Suizidgedanken.
Passende Hilfsangebote: Umgang mit Schmerzen, mit Medikamenten,
Schmerzbewältigung, Ablenkung von Schmerzen
Genusstraining, Sport, Krankengymnastik
Psychologische Einzelgespräche
____________________
Hilfesuchende wurden in dieser Einrichtung ernst genommen.

Die Aussage “Es werden Zwangsmaßnahmen angewendet” war eher unrichtig.

Der Wille der Hilfesuchenden wurde respektiert.

In Ausnahmezuständen und in Krisen wurde man nicht gedemütigt.

“Das Personal unterstützt Hilfesuchende bei der Durchsetzung von Interessen und Rechten” – die Aussage ist mit Einschränkungen richtig.

“Hilfesuchende können sich vor zu hohen Anforderungen aus der Umgebung schützen” -die Aussage ist mit Einschränkungen richtig.

“Man nimmt sich genügend Zeit für Hilfesuchende”- die Aussage ist mit Einschränkungen richtig. Man ging konkret und flexibel auf Probleme ein. Die Räumlichkeiten waren in Ordnung.

“Man interessiert sich auch für das körperliche Wohlergehen der Hilfesuchenden” – die Aussage ist mit Einschränkungen richtig.

Angehörige wurden nicht wichtiger genommen als Hilfesuchende. Angehörige wurden angehört. Hilfesuchende hatten am Ende des Aufenthaltes keine großen Schwierigkeiten allein zurecht zu kommen. 
In der FK Enzensberg habe ich mich wohlgefühlt !

Besonders geholfen haben Einzelgespräche

Besonders gut fand ich Aufklärung im Neurologischen Bereich, Aufklärung über Medikamente, Sportangebot.

Besonders schlecht fand ich: Es gab keinen Aufenthaltsraum nach der Therapie außer das Zimmer oder die Cafeteria