Wir wollen das Beste für Patrizia!
Als ich Patrizia das letzte Mal persönlich treffen konnte, war sie noch auf der offenen Station. Sie war ganz still, ihr Gesichtsausdruck war starr und sehr ernst. Sie war eher traurig und sie antwortete nur mit „ ja“ oder „nein“. Es ist ihr sichtlich schwer gefallen mir zuzuhören.
Sie ist abgelenkt!
Ich denke, Patrizia ist schwer beeinflusst von einer „inneren Stimme“. Diesen Zustand kenne ich aus eigener Erfahrung, Man hat Angst vor sich selbst. Man verfällt dem Trugbild seines Innersten und verliert das normale Denken. Der Wahn steht im Vordergrund.
Patrizia freut sich über Besuche und doch ist sie froh, wenn man wieder geht.
Sie sagt, ihr geht’s gut, und es geht ihr eher schlecht. Sie steht im Bann einer Stimme!
Patrizia ist – wenn sie stabil ist – ein eher ruhiger Mensch, freundlich, aber sie spricht nicht viel. Sie ist eine gute Zuhörerin, und sie zeigt ein Herz für Andere. Sie hat sich immer treu an den Besuchen von Patienten in der psychiatrischen Klinik beteiligt.
Jetzt hat Patrizia Krebs und ist psychisch krank. Sie ist schon viel zu lange in Behandlung und sie leidet darunter. Immer wieder wird sie verlegt und wechselt zwischen offener und geschlossener Station.
Patrizias Zustand ist zur Zeit schlimmer denn je. Sind’s die Medikamente? (Es wird vermutet, dass die Kombination der Chemotherapie und/oder der Narkosemittel mit den Psychopharmaka diese negativen Auswirkungen haben – EREPRO)
Wieder auf der Geschlossenen, zeigt sich die hebephrene Phase, in der sie auch wahnhaft ist. Jetzt denkt sie, alles sei überstanden, und sie komme bald zurück in ihre Wohnung. Ich lasse sie in dem Glauben, denn ich will sie nicht schädigen. Sie hat Pläne und ist sehr aktiv und doch schwer krank.
Ich denke, Patrizia hat Angst vor der Zukunft. Wie soll sie es schaffen alleine zu leben? Ihr Sohn ist aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen und lebt bei seiner Freundin. Patrizia kann die Miete für ihre Wohnung nicht bezahlen. Diese soll bald gekündigt werden, und sie müßte dann umziehen. Alleine kann sie nicht leben, aber ein Heim wie Lauingen wäre nicht gut für Patrizia.
Sie braucht eine gute Pflege und eine Therapie, nur so kann man hoffen, dass Patrizia stabil wird. Ich würde es nicht wagen, Patrizia aus ihrer Traumwelt herauszuholen, aber es muss entschieden werden, wo sie untergebracht wird. Wir – ihre Freundinnen aus der Selbsthilfegruppe – können Patrizia besuchen, aber die Zeit drängt, der Klinikaufenthalt wird bald nicht mehr durch die Krankenkasse finanziert.
Wohin soll Patrizia?
Bitte nicht einfach in ein Heim, in ein „Gefängnis für psychisch Kranke“ abschieben. Die Gruppe bangt um Patrizias Zukunft, und hofft, dass sie bald zurückkommt. Aber das wird wohl noch lange dauern. Patrizia ist hilflos und sie träumt von einem Leben in Freiheit. Ich hoffe, dass Patrizias rechtlicher Betreuer eine gute Entscheidung trifft; und auch ihr Sohn sollte mit entscheiden dürfen. Patrizia ist „nur“ Kassenpatient, aber für uns ein wertvoller Mensch, den man nicht einfach irgendwo „einpflanzt“, wo er nicht hingehört.
Eine OP steht ihr bevor. Die (entfernte) Brust soll wieder so hergestellt werden, dass Patrizia wieder als Frau zufrieden sein kann. Das bezahlt die Krankenkasse. Das wäre wunderbar, aber Patrizia ist einfach zu krank, und so ist diese OP zu belastend für die Psyche. Das müßten aber doch die Ärzte im BKH einräumen. Die OP sollte nicht das Wichtigste sein, sie müßte erst mal psychisch stabiler sein, und dann die OP angehen.
Jetzt kann Patrizia nicht entscheiden, was ihr wichtig ist. Sie ist sehr wankelhaft und – wie ich es einschätze – sehr wahnhaft, sehr leicht aus der Ruhe zu bringen,. Sie hat die Kontrolle über sich zeitweise verloren. Man sollte sie nicht zu sehr belasten, denn sie könnte aggressiv werden, und dann würde sie fixiert werden.
Ich bin kein Mediziner nur ein Mensch, der sieht, wie Patrizia leidet. Ich bin sehr traurig. Patrizia braucht Hilfe. Ihr Sohn möchte auch, dass seine gute Mama wieder stabil wird. Alle, die Patrizia kennen, haben diesen Wunsch.
Ich bin selbst stabil geworden, weil es Menschen gab , die mich nicht aufgegeben haben, und ststs an meiner Seite standen. Das verdient auch unsere gute Freundin Patrizia.